Samstag, 16. Mai 2015

Lauterbrunner Breithorn - SW Couloir AS-

Nachdem das erste Maiwochenende literweise Regen bis 3000m und darüber viel klebrigen Schnee gebracht hat, müssen die Bedingungen für Steep Skiing nun eigentlich top sein. Dementsprechend hat unsere Email Konversation während der Woche dann auch zu viele Freiheitsgrade um wirklich zielführend zu sein. Sind die steilen Eiswänden tatsächlich gut eingeschneit? Bishorn? Fletschhorn? die Webcam gibt auch nicht wirklich Auskunft. Oder war gar Wind drin? Nics Argument, dass ein Südcouloir dagegen eine totsichere Alternative sei, zieht schliesslich. Pünktlich als sich die Wolken am Samstag abend verziehen, richten wir uns also zum Bivak an der Flafleralp im hintersten Lötschental ein. Ziel: das SW Couloir aufs Lauterbrunner Breithorn. Eine wunderschöne Linie, nur alle paar Jahre einmal gefahren, die noch im letzten Abendlicht glänzt.

Gegenüber schimmern die Steilflanken der Lötschental Wildside sehr sehr weiss, selbst das Bietschhorn sieht schon fast wie ein Skiberg aus. Line um Line erscheint je länger man guckt.
Auf 3000m sind aber fast durchwegs grosse Abrisskanten von Schneebrettern zu sehen, deren Lawinenzüge sich bis zur Lonza erstrecken. Dort war wohl die Schnee-Regen Grenze. Aufpassen!

Sonntag morgens um 4 gehts los ins Innertal. Nach nur 30min Tragen fängt der Schnee an. Der Mond kommt hinter dem Breitlauihorn hervor, und wir können die Stirnlampen sogar ausschalten. Die Temperaturen sind angenehm. Camelback friert nicht sofort zu. Nach 3h und 1300Hm sind wir am Einstieg des grossen Couloirs auf 3100m. Dani macht ein unglückliches Gesicht. Schon wieder kündigt sich bei ihm ein Hungerast an. Diesmal noch früher als sonst. Er lässt sich ein bisschen Zeit und isst.

Nic und ich spuren schon mal los. Teilweise trägt der Schnee, teilweise brechen wir durch den Deckel. Alles in allem kommen wir aber gut voran und erreichen nach 450Hm zwischen 40 und 45° die Scharte zwischen grossem und kleinem Breithorn. Das Panorama ist schon jetzt gewaltig. Noch bessser sieht allerdings der folgende Steilhang und die Rinne durch das Felsband aus, welche zum Gipfelfirnfeld führt. Durchgehend Schnee, fast aber nur fast breit genug zum skifahren.

Dani sieht mittlerweile noch unglücklicher aus, und erklärt, dass für ihn Schluss sei. Das übliche flaue Gefühl im Magen. Schade. Für ihn ist es schon der zweite Versuch. 2012 Abbruch wegen schlechtem Schnee und heikler Kletterei, nun wegen Stoffwechsel. So gehen Nic und ich allein weiter. Natürlich ist der Schnee weniger gut als er aussieht, und ich fluche gewaltig als ich mich bei 53° mit nicht-tragendem Bruchharsch herumschlage. Als dann auch noch mein Steigeisen dumme Sachen macht, und auf einmal nur noch an der Fangleine herumbaumelt, ist mein Ärger perfekt. In einer delikaten Aktion balanciere ich auf einem freigehaktem Stein und schaffe es irgendwie das Steigeisen ab- und wieder anzuziehen.

Nic übernimmt die Führung in die ca 20m lange felsdurchsetzte Steilrinne. Wo sonst Kletterei bis 3 gefragt ist, lockt nun griffiger Schnee. Mit zwei Eisgeräte kein grosses Problem. Auf 3650 betreten wir das Gipfelfirnfeld. In nur 40° Steilheit geht es in der Sonne nach oben. Rundherum glänzen die Gipfel, 2000m tief unter uns liegt das noch schattige Lötschental und wir fühlen wie auf dem Dach der Welt. Es zieht sich länger als gedacht, aber wir geniessen die letzten Meter und deponieren schliesslich die Ski 3m unter dem Gipfelgrat.

Hier zeigt sich, dass das Breithorn nur aus einer Perspektive breit ist. Der Gipfelgrat ist nämlich eine verdammt dünne und luftige Schneide. Wächte? keine Wächte? Ich halte mich mal an den Felsen und strecke den Kopf über den Rand. Unsere auch schon recht exponierte Südseite erscheint wie eine flache Almwiese gegenüber den 1300m Nordabstürzen Richtung Lauterbrunnental. Im Reitsitz robben wir die 10m über den Grat. Der (kaum merklich höhere) höchste Punkt liegt nochmal 20m weiter östlich, was uns aber ziemlich egal ist. Gipfel!!! Wie fett.

Vorsichtig robben wir zurück und steigen noch vorsichtiger in die Skibindung. 11Uhr, die Sonne weicht das Gipfelfirnfeld langsam auf. Es kann losgehen. Es ist ein erhabenes Gefühl über dieses exponierte aber nicht zu steile Firnfeld zu cruisen. Dass der Schnee leicht brüchig ist, lässt sich verkraften. An der Rinne müssen wir für 20m leider wieder auf die steigeisen wechseln, was die Ästhetik der Line natürlich etwas stört. Anyway. Auch das Abklettern geht gut und wir klicken zum zweiten Mal in die Bindungen. Dani ist als winziger Punkt 500m tiefer auf dem Talgletscher zu sehen. Let's fetz! Wir halten uns rechts des Couloirs in der gut eingeschneiten Südwestflanke. Hier ist es etwas steiler aber dafür hatte der Schnee schon 2h Sonne. Klar es könnte noch ein bisschen weniger hart sein, aber das ist schon Leiden auf hohem Niveau. In weniger als 15min sind wir unten bei Dani und grinsen um die Wette. Wie geil. Vor uns liegt ein seidenfeiner Sulzteppich. Skifoan at its very best. Irgendwann wirds uneben und die Ski fangen an zu virbrieren aber was solls. Diesen Tag verdirbt so schnell nichts mehr. Noch 20min Tragen und wir stehen wieder am Parkplatz und schauen zurück auf diesen unglaublich fetten Berg.