Dienstag, 12. April 2016

Dents du Midi - Fortresse Couloir

Nachdem Salome und ich am Samstag beim Aufstieg zur Blüemlisalphütte in dickstem Hochnebel zum Umkehren gezwungen wurden und dadurch einen epischen Sonntag verpassten, muss ich unter der Woche zwingend dafür kompensieren. Zum Glück ist die Skilehrer saison in Verbier nun vorbei, was bedeutet dass Javi Zeit für grosse Projekte hat. Mein GA, sein Haus im Valle de Bagnes und sein Auto eröffnen einen ganze neue Dimension an ambitionierten Touren. Und zwar so wie ich es liebe. Arbeiten bis 4, Anreise am Abend, Socializen mit seiner Family anstatt 100 SAClern auf ner engen Hütte, eine Nacht in einem anständigen Bett mit erholsamen Schlaf und dann eine 2000HM Vollspeedtour. Und ein Tag freinehmen wenn das Wetter passt, ist halt leichter als 2 Tage.
Dass man natürlich verdammt früh aufstehen muss, ist da ja akzeptabel. So fahren wir also in stockdunkler Nacht Richtung Champery, für eine Tourpremiere in der breiten Nordwand der Dents du Midi. Der Start will uns nicht so recht gelingen. Erst scheitert der Versuch mit dem Auto näher an den Schnee zu kommen wegen Lawinenresten auf der Strasse und einer vorsichtigen Rückwärtsfahrt auf der schmalen Waldstrasse. Dann vergeht uns die Motivation als wir schon 4 Autos von Skifahrern am Parkplatz sehen, wo es in Richtung Standardcouloir zur Breche de Doigt geht. Was machen die alle hier an einem Dienstag? Habt ihr keinen Job? Optionen? Die gestrige Zugfahrt hatte mir ja reichlich Gelegenheit zum intensiven Routenstudium auf Camptocamp gegeben, so dass ich nun über jedes der vielen Couloirs Bescheid weiß. Neues Ziel also das Couloir de la Fortresse, die bei Weitem eleganteste Linie der Wand und mit der Bewertung von 5.2 auch ein gutes Stück schwieriger. Doch auch dieses Couloir will hart verdient werden. 400Hm Portage durch den steilen Wald, und noch 600Hm auf Ski ebenfalls nicht ganz flaches Gelände bis in den großen Kessel am fuss der gigantischen Nordwand.
Irgendwann sind wir dann doch am Beginn des Einstiegscouloirs, welches aber reichlich uneben und von lawinen zerfurcht daher kommt. Kaum haben wir die Ski aufgebunden werden wir auch schon von einem Pärchen in Dynafit Rennmontur überholt, die in einem unglaublichem Tempo und mit minimalstem Gepäck anfangen, das Couloir zu spuren. Uns solls recht sein. Nach 300m im Einstiegscouloir kommt die Traverse ins Hauptcouloir welches durch den Felsriegel darunter ganz schön exponiert ist. In teils recht hartem Schnee folgen wir der Spur unserer Vorgänger. Zwei Engstellen stellen sich in den Weg, die aber mit etwas Felskontakt gut überwunden werden können. Je höher wir kommen desto besser und pulvriger wird der Schnee. Auch wenn deutliche Spuren von 2-3 Skifahreren zu sehen sind , welche das Couloir am Vortag an den engen Stellen teilweise ausgeräumt haben. Obwohl wir mit Stock und Pickelstock recht schnell unterwegs sind und die Spur der Vorgänger nutzen können, haben wir keine Chance die beiden einzuholen. Schliesslich kommen wir in die Breche und deponieren die Ski. 10min Mixed Gelände führen uns zum Gipfel der Cathedrale. Die Aussicht ist gigantisch. 2000m tiefer das Rhonetal und der Genfersee. Im Süden die Mont Blanc Berge und im Osten das ganze Wallis.
Wir klettern wieder ab, rasten kurz und bereiten uns für die Abfahrt vor. 1000m Couloir liegen vor uns. Die ersten 300 sind traumhafter Pulver. Nach der ersten Engstelle wirds aber zunehmend härter und die Esposition nimmt zu. Bei rund 50Grad muss man sich schon konzentrieren. Dann die Traverse ins etwas mühsame Schlusscouloir bevor wir in perfektem Sulz aus dem Kessel Richtung Tal cruisen. Die 45 minuten Tragestrecke geben immerhin reichlich Gelegenheit, die Projektliste für die Steepsaison zu besprechen.
1 Bier und eine Millencolin CD später schauen wir von Troistorrent hoch zur Nordwand und dem Couloir de la Fortresse. What a line.