Sonntag, 25. August 2013

Graue Wand - Eisbrecher (6b+)

Eigentlich möchte ich lieber etwas schwierigeres am Chli Bielenhorn machen, Valery spricht sich aber für den Eisbrecher aus. Länger, dafür weniger steil. Dafür mit dem berüchtigten steilen Schneefeld im Zustieg, über das er beim Abstieg dann auch auf dem Bauch komplett runter rutscht.

Alles in allem schöne und relativ homogene Route über 11SL zwischen 5c und 6b+. Top saniert. Kompletter Satz Cams nötig, da in den leichten SL (zB in der ersten) überhaupt nix steckt. Überall dort, wo man nicht selbst etwas legen kann, ist dann aber auch ein BH.
Das Abseilen ist etwas stressig weil man dauernd queren muss. Evtl besser über die Piste der Niedermann.

Schöllenenschlucht - Whalerider (7b+)

Nachdem es dieses Jahr im Granit -und auch nur da- ganz gut läuft, will ich mal etwas wirklich schweres versuchen und gewinne Timm the German machine für den Whalerider. Schon von der Schöllenenstrasse sieht man das Blade der dritten SL deutlich - eine 20m hohe, 5 Meter tiefe und nur 15cm dicke, nach aussenstehende Platte - wie eine Klinge. Darüber steile rissdurchzogene Platten.

Leicht verkatert von der Streetparade starten wir um 12 Uhr reichlich spät in die Route.

SL1, 6a. Mehr Bush-Whacking als Klettern.

SL2, 6a+. Ganz nett, mit ungewöhnlichen Moves im Kamin, und natürlich ein paar Metern Bush-Whacking zum Stand.

SL3, 7b+. Nun ist Timm an der Reihe. Ich geniesse die Aussicht aufs Blade vom Stand aus, während sich Timm abmüht, überhaupt erstmal dort hin zuklettern. 2 Passagen (ca 7b) gilt es zu bewältigen, in den rechts ein senkrechte Platte keine Tritte bietet, und links ein ein überhängender Untergriff-Fingerriss nicht gerade zum Greifen einlädt. Dazu sind die Bohrhaken zwar gut von unten zu klippen, deshalb aber auch so niedrig, dass ein Sturz auf der Platform drunter enden würde. Mit einem 0.4er Cam kann er die Stelle entschärfen, und kommt -nicht ganz onsight aber doch frei- schliesslich an die Kante des Blades. Die nächsten 2 Meter sind die Crux, die nicht mal mehr Timm frei schafft. Die Bladekante hängt leicht über, zum Piazzen ists zu abdrängen ... Pinching? Nun greift er doch einmal zur Schlinge, zieht die SL aber dann sauber durch.
Ich habe meine Freikletterambitionen längst begraben und greife aus Zeitgründen auch im Nachstieg mehrfach zu A0. Ausserdem ist der Routenverlauf unten so diagonal, dass der Nachsteiger im Sturzfall in die glatte Platte hinauspendelt. Der obere Teil des blades ist auf jeden Fall der Hammer. Piazzen an der scharfen Kante, aber andauernd das Gefühl, gleich die offene Tür zu machen. Fett.

SL4, 6a+. Ich bin an der Reihe. Abdrängender schräger Piazriss, geht aber gut und macht Spass.

SL5, 6c+. Steile Rissverschneidung, oben raus senkrechtes Piazzen am Fingerriss. Sehr anhaltend und mit einem Set Cams ist man recht am Limit. Timm macht einen 5m Sturz. Für mich geht der Nachstieg suaber, trotzdem sind wir beide oben recht gepumpt.

SL6, 6b. Kleiner Bauch mit stumpfem Riss dann schöne Verschneidung nach links.

In Anbetracht der Uhrzeit und unserer nicht mehr vorhandenen Kraftreserven lassen wir es gut sein. Die nächste SL (7a+) sieht eigentlich richtig fett aus, atheletisch, expo, gute Risse, aber wir sind fertig für heute. Dank 60er Seile kommen wir auf die Abseilpiste und über diese zum Einstieg.

Facts:
Topo http://www.rockstore.ch/pdfs_topos/WhaleRider.pdf oder EXTREM-Ost.

2x60 meter empfehlenswert, damit man bei Rückzug die Abseilpiste erreicht.

kompletter Satz Cams. C4 0.3 & 0.5 helfen in der SL einen potentiellen Sturz auf Absatz zu entschärfen. doppel C4 0.75+1 besser für die Nerven in SL 5.


Blick über die Büsche der ersten SL zum Blade 



Tacul - Gervasuttipfeiler (900Hm, TD, 6a)

Der erste August kommt, und das schöne Wetter hält an. 3 Tage Grand Beau ohne Gewittergefahr. Zeit für die ganz grosse Touren. Javi ruft auf der Cab de Leschaux an und erkundigt sich nach den Verhältnissen am Walkerpfeiler. Diese seien laut Hüttenwirtin wegen dem vielen Schnee äusserst schlecht, erst eine Seilschaft dieses Jahr... Enttäuschung macht sich breit. Fast bin ich geneigt 4 Tage Rennradfahren zu gehen, als wir uns doch noch auf ein Ausweichziel verständigen: den Gervasutti-Pfeiler am Mont Blanc du Tacul. Bisschen kürzer als der Walker, bisschen leichter, ost- statt nordseitig und natürlich ein easy Zu- und Abstieg. Alles in allem also ein gutes Testpiece.

Mittwoch abends gondeln wir also auf die Midi, mit dem Plan irgendwo dort zu biwakieren. Wir verbringen den Abend draussen auf dem Grat beim Teetrinken und diskutieren mögliche Biwakplätze. Als uns ein polnisches Paar erzählt, dass sie in der Station schlafen würden, und dass das schon ok wäre, können wir der Versuchung auch nicht wiederstehen. Natürlich kommen nach ein paar Minuten die beiden Seilbahnmitarbeiter, die nachts oben bleiben, und bedeuten uns die Station zu verlassen und entweder auf dem Col du Midi zu biwakieren oder in der Cosmique-Hütte zu schlafen. Wir sagen gar nix und überlassen die Konversation unserem polnischen Leidensgenossen. Dieser beteuert auf Englisch mit authentischem osteuropäischen Akzent, dass sie kein Geld für die Hütte oder eine Biwakausrüstung haben. Ich halte meine Carbonschuhe unter der Bank versteckt und nicke nur betroffen. Es funktioniert. Wir bekommen die Erlaubnis ausnahmsweise da zu bleiben, wenn wir vor 4 Uhr morgens weg seien.

Nach einer recht schlaflosen Nacht gehts um halb 4 los und wir sind um 5 am Pfeiler. Vergeblich suchen wir einen Einstieg rechts, den unser Topo aus den 80ern andeutet. Schliesslich finden wir links eine dünne Brücke über den Schrund und dann sogar eine kleine Platform zum Schuhe wechseln. Um 6 Uhr sind wir beide am ersten Stand, in Kletterschuhen, ready to go.  Nun kommen auch die beiden Polen und steigen hinter uns ein.
Die unteren 500m (ca 14 SL) des Pfeilers sind trocken und super Fels. Risse bis 5c, dazwischen aber auch ein paar 4er, die wir am laufenden seil mit Tiblocs gehen. Ich steige alles vor um schneller zu sein, da Javi tendentiell mehr Sicherungen legt. Wir kommen gut voran und sind bald an der Schlüsselstelle, einer nordseitigen 5c/A0. 
Die Kletterei ist weniger das Problem, als die Ausrichtung. Alle Risse sind mit gefrorenem Pulverschnee gefüllt und müssen erstmal befreit werden, schnell haben wir kalte Hände und nasse Schuhe. Obwohl das Topo einige SL nordseitig angibt, klettern wir zurück auf die sonnige Pfeilerkante und dort weiter nach oben. Diese Variante (ca 6a) ist klettertechnisch schwieriger als dir Originalführe aber immerhin trocken. Unten auf der Nordseite hören wir zwei Franzosen, die sich durch das brüchige Mixedgelände nach oben kämpfen. Ein paar SL freuen wir uns darüber, die Sonnenvariante gewählt zuhaben, bis wir schliesslich doch wieder auf die Nordseite abgedrängt werden und unendlich viel Zeit verlieren. Senkrechte zugefrorene Handrisse mit nassen Kletterschuhen, dann auch noch ein Krampf im Bizeps... schliesslich stelle ich auch auf A0 um. Dann eine Pulverschneewächte zurück auf den Pfeiler, über die wir uns irgendwie hochrobben. Irgendwann wirds etwas leichter und wir können zumindest die Schuhe wechseln. Ich habe mein mentales Tief erreicht als ich auf einem verschneiten Tritt wegrutsche und ins Seil falle und 1 Minute später einen vermeintlichen Klemmblock auf mich zukippen sehe. Optionen? Abseilen, Heli... nee, nicht wirklich. Nach der Abseilstelle, sage ich Javi, dass er nun erstmal mit Vorsteigen dran sei.
Tatsächlich ist der schwierige Teil aber geschafft. Noch ein verschneiter 4er Kamin, dann 3er Gelände im Couloir neben dem roten Turm. Wir können endlich wieder parallel gehen und Zeit gut machen. Auch der sehr scharfe Grat zum Vorpgipfel geht easy und wir sind um 19Uhr nach 13h Pfeiler oben. Die letzte Seilbahn von der Midi ist nun eh weg und wir könnens gemütlich angehen. Dehydriert wie wir beide sind, ist an hohes Tempo eh nicht mehr zu denken. Dank der Autobahn vom Tacul gehts zumindest bis zum Col du Midi recht schnell. Die wirkliche Probe ist dann aber der 200Hm Gegenanstieg zur Seilbahnstation. Fast unwirklich scheint es wie wir uns die letzten Meter den Grat hochschleppen und dann auch noch die Sonne irgendwo über dem französischen Flachland untergeht.
Wir war das nochmal mit dem Biwakverbot? Javi sagt, ihm sei‘s egal, er könne eh nicht laufen, geschweige irgendwo hingehen, falls sie ihn dazu auffordern würden. Na dann. Ich freue mich besonders auf den Wasserhahn. Als ich um 22Uhr vom Schlafplatz noch einen letzten Blick auf den Tacul werfe, sehe ich die suchenden Strinlampen der beiden Polen etwa 5SL unter dem Ausstieg. Puh.

Nach einer weiteren fast schlaflosen Nacht, gondeln wir am Freitag morgen hinunter nach Cham. Während wir im Cafe und ich später im Zug nach Zürich sitze, stelle ich immer wieder verwundert fest, wie viel man nach einem solchen Tag trinken kann, ohne ein einziges Mal auf die Toilette zu müssen. Wir sind auf jeden Fall gewaltig froh, nicht in den Walker eingestiegen zu sein. Was Effizienz im schwierigen Mixedgelände und allgemein Kondition und Akklimatisierung anbelangt, müssen wir da wohl noch ein bisschen üben.

Facts:
Topo auf http://www.camptocamp.org/routes/54575/fr/mont-blanc-du-tacul-pilier-gervasutti
 ganz OK. natürlich zu klein bei 40 SL. Einstieg eher links des Pfeilers.

Im unteren Teil folgt man wenns geht dem Pfeiler und weicht nur ab und zu auf die Seiten aus. Logische Linienführung, sehr schöne Kletterei bis 5c-6a (Chamonix Bewertung). Stände ganz am Anfang gebohrt, dann oft an NH, gut aufzurüsten. Teilweise ein paar NH an den Schlüsselstellen.

Im Mittelteil geht die Originalroute rechts (nordseitig) in 4er Mixed-Gelände. Variante: dort nach einer SL wieder auf den Pfeiler zurück, und ca 3SL gerade hoch (bis 6a aber trocken). Dann aber 2 heikle oft vereiste SL (5+) nordseitig bis man wieder auf die Originalroute stösst. Sobald man oben ins Couloir links des roten Turms wechselt wirds leichter und man kommt im oberen Teil schnell voran.

Material: 50m Doppelseil (Einfachseil ginge, aber wegen Seilreibung ungünstiger), Keile, komplettes Set Cams bis C4 2, viele lange Express, evtl Tiblocs, Kletterschuhe, 1 Eisgerät pP. Sonst: go light and fast

Graue Wand - Conquest (7a)

Als wir in der Vorwoche den Eisbrecher (6b+) im rechten Teil der Grauen Wand kletterten, versuchte ich schon vergeblich Valery für die benachbarte Conquest zu gewinnen, vor allem natürlich wegen des Super Fissures. Er hatte die Route aber schon einmal bis vor den Riss gemacht hatte und wegen der alten BH keine Lustsie  noch einmal anzugehen. Während wir also noch diskutierten und immer wieder zu einer Seilschaft in der Conquest hinüber schauten, hörten wir doch tatsächlich eine Bohrmaschine. Strike!

Eine Woche später sind wir also wieder am Start. Diesmal auch früh genug, um pünktlich um 5 wieder in Zürich zu sein. 8.45 geht's los.

SL 1, 6a+. Gut absicherbare Piazverschneidung, dann ein Kamin, in dem ich etwas ratlos über den bestmöglichen Ausstieg bin. Valery grinst unten am Stand, weiss es wohl, sagt aber nix. Irgendwann entdecke ich dann den Handriss links vom Kamin und komme easy zum perfekt sanierten (2 Inox BH) ersten Stand.

SL 2-4, 5a-5b, sind eher unter der Kategorie Zustieg zum Super Fissure zu vebuchen und machen die Route leider etwas sehr inhomogen.

SL 5, 6c. Super Länge mit einigen kniffligen Einzelmoves an Seitgriffen und mit hohem Antreten. Dazwischen aber immer wieder gute Plätze zum Stehen. Mit kleinen Cams lässt sich die Länge perfekt Clean klettern.

SL6, 6a+. Valery is dran und kämpft sich die senkrechte Rissverschneidung in Piaztechnik nach oben. Nur 15m aber halt senkrecht. Dementsprechend geschafft ist er, als er oben ankommt. Ich steige in Hand-Risstechnik nach und verbuche einen deutlichen Punktsieg in unserer ewigen Diskussion Piazzen vs. Klemmen.

SL 7, 7a. Nun also endlich der Superfissure, der Hauptgrund, dass so viele Leute hier hoch kommen. Die ersten 10m klettern sich als perfekter Handriss, dann wirds breit. Ich entschliesse mich für Schulterrisstechnik, und rampfe die 3m unter lauten Flüchen cm für cm hoch. Irgendwann kommt die erlösende Schuppe für ein gutes 1er Cam Placement, und die 1m Traverse nach links zum No-hand-rest.
Wo gehts weiter? links den einsehbaren seichten Fingerriss, oder rechts den nicht einsehbaren Off-width? Valery meint links, ichs versuchs, finde aber nach dem ersten Fingerlock nix mehr. Verdammt, Ade Onsight. Also wieder nach rechts, wo es doch tatsächlich erstmal noch nen guten Riss im Riss gibt. Dann aber wieder Schulterriss, diesmal ohne rettende Schuppe. Wieder hänge ich im Seil, nochmal verdammt. Hier ist wohl jetzt die Crux. Ich sortiere mich, wechsel auf Piaztechnik und irgendwie gehts, auch wenn die Kraft mehr und mehr schwinded. Dann endlich oben, wo man sich wenn der Nachsteiger mal wieder im Seil hängt, noch mehr über den sanierten Stand freut. Mein Nachsteiger tut dies dann auch zur Genüge, da er austestet, ob man alles Piazzen kann. Geht schon, im breiten Teil wahrscheinlich sogar besser, aber die Ausdauer das durchzuhalten müsste man erstmal haben.

SL 8 und 9 schenken wir uns wegen häuslicher Verpflichtungen in Zürich, und seilen ab. Bei der Einordnung der Route sind wir uns noch einig: arg inhomogen aber natürlich trotzdem ein must-do. Da hört die Einigkeit dann aber ausch schon auf. Valery ist froh, nun nicht mehr hinzu müssen, ich will unbedingt nochmal zur rotpunkt-Begehung hin. Er will an der Piaz-Ausdauer Arbeiten, ich zum Offwidth-Klettern-Üben.
Im Vergleich finde ich die Sännetuntschi (6c+) am Feldschijen homogener und schöner, die Einzelstelle der Conquest aber deutlich schwieriger.
Aussicht vom ersten Stand auf die 3 5er SL und in Richtung Super Fissure.

SL 6: Der Piazmeister verballert Kraft im perfekten Handriss.