Schon Montags kommt die email von Nic, wie es mit nem steilen Projekt im Bedretto am Wochenende aussähe. Stoked. Bei der unvergleichen Schneemenge im Süden dieses Jahr muss ja was gehen. Je näher aber das Wochenende kommt, desto stärker wird der Nordwind, und mit wachsender Sorge verfolgen wir wie der Lawinenlagebericht schon Donnerstags auf 3 springt und dann auch dort bleibt. Obwohl der Samstag im Norden Powder verspricht machen wir uns auf Richtung Tessin, allerdings mit dem Ziel Pizzo Molare; mittleres Tessin und damit nur Stufe 2!. Bisschen Pulver geht ja immer, aber für ne Erstbefahrung muss man auch mal riskieren, wieder umzukehren.
Nach nur 1 Minute warten, erwischen wir eine Mitfahrgelegenheit von Faido hoch nach Molare, wo schon etwa 1m Schnee auf allen Hausdächern liegt. Trotzdem macht sich beim Aussteigen schnell Ernüchterung breit: Der Pizzo Molare sieht zwar unglaublich fett aus, aber eine fahrbare Line durch die Felsbänder lässt sich selbst mit viel Optimismus nur schwer ausmachen. Das sah auf dem Foto aus dem Internet alle snoch besser aus, wohl auch weil das untere Wanddrittel fehlt. Wir diskutieren ein paar Ideen, schiessen Fotos und marschieren los in Richtung Wand.
Als wir dann nach 1h aber drunter stehen, verwerfen wir unsere Theorie wieder. No Way, viel zu felsig. Weiter rechts zieht ein Couloir nach oben, aber wo kommt das raus? Kann man in die Wand queren? Wir vergleichen mit den Fotos, und siehe da, man kann.
Über Lawinenreste spuren wir das enge Couloir nach oben. Hartschnee wechselt mit Pulver. Alles gut fahrbar. Nach 200 Hm queren wir nach links und vor uns öffnet sich eine easy Traverse in die Mulde über dem unteren Felsband. Perfecto.
Nun also die Mulde schräg nach links oben. Die Hauptflanke, die wir erreichen wollen, ist durch ein Felsband mit Eisfall von uns getrennt. Wie von unten geplant lässt sich das FElsband aber durch ein weiteres Couli überlisten. ca 70 Hm geht es nun mit aufgebundenen Ski bis 55° nach oben, teilweise eine rechte Wühlerei im Pulver, kurze Querung nach rechts und wir stehen tatsächlich auf der Flanke, die in weiteren 300Hm mit 40-45° direkt zum Gipfel zieht. Strike.
Plötzlich kracht es und der Harschdeckel unter mir sackt etwa 10cm nach unten. Blitzschnell breitet sich der Riss nach vorne aus und der ganze Hang auf dem ich stehe, fängt an zu rutschen. Verdammt. So ist das also, denke ich mir. Ich lass mich nach hinten fallen und drehe mich Gesicht zum Tal. Alles geht in Extra SlowMotion. Ich ziehe den Airbag, der bläst sich zwar auf. Bringt aber nicht viel. Da nur die obersten 10cm rutschen, sitze ich eh auf dem Hintern und rutsche talwärts. Was jetzt? Die Ski hängen recht nutzlos an der zugedrehten Dynafit-Bindung. Aufstehen und Drehen geht nicht wirklich. Ich merke, dass ich ein bisschen steuern kann, wohin ich rutsche. Link oder rechts? beides nicht gut. Alles führt schliesslich in das Eisfall Couloir. Am besten also auf dem Rücken bleiben auf dem ich entlang rutsche. Ich versuche durch Körperspannung Druck auf Arme und Füsse zu bringen, merke wie es langsamer wird und ich schliesslich stoppe. Puh.
Ich schaue hoch und gebe Nic das alles OK Zeichen. 100Hm warens etwa. Erstaunlicherweise ist meine erster Gedanke, dass ich jetzt wieder hoch muss, und ob ich die Ski dazu auf den Rucksack binden sollte. Nic ist da etwas rationaler und entscheidet auf Abbruch. Ich sehe ein, dass das wohl vernünftiger ist und beginne mit dem Versuch , die Luft aus dem Airbag zu lassen. Ein halbe Stunde später bin ich noch nicht viel weiter und muss erst im Internet nachlesen bis ich schliesslich das Ventil finde. Nic ist mittlerweile zu mir abgefahren und meint nur: 'Jesus must love you', na dann. Irgendwann bin ich dann auch abfahrbereit. Vorsichtig gehts nun also die steile Flanke wieder runter. Ich vertraue dem Schnee nicht mehr so richtig und fahre wohl wenig elegant. Alles in allem geht die Abfahrt inkl der 50° Schlüsselstelle aber recht easy auch wenn der Schnee oftmals nicht die beste Qualität hat. Als dann ganz unten noch 150Hm Deep Powder Treeskiing kommen, fällt langsam die Anspannung ab und ich kanns geniessen.
Von Molare fällt der Blick zurück auf die Westwand. Fette Line, da sind wir uns einig. Erstbefahrung? Gut möglich, Informationen haben wir nicht gefunden, aber was heisst das schon. Wir beginnen mit der Diskussion der Ereignisse und sind auch 3h später in Zürich immer noch dabei, unsere Schlüsse zu ziehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen