|
Eiger und Mönch von der kleinen Scheidegg |
Schon den ganzen September über liest man von den Traumbedingungen, die wohl in so ziemlich allen Nordwänden herrschen sollen. Obwohl ich fast wöchentlich tolle Touren im Fels mache, stellt sich dieses bekannte Unzufriedenheitsgefühl ein, gerade etwas zu verpassen. Schliesslich kann ich Valery davon überzeugen, dass wir nach einer harten Kletterroute eh einen Ruhetag bräuchten und diesen dann doch auch gleich für einen Hüttenzustieg mit anschliessender Nordwand nutzen können.
Valery fährt also von den Wendenstöcken direkt Richtung Berner Oberland und übernachtet auf dem Campingplatz. Ich nehm den Zug von Meiringen nach Zürich, da wir über Nacht Gäste erwarten. Am nächsten Vormittag dann also mit Eis- statt Felsausrüstung wieder los mit dem Zug. Wir treffen uns in Lauterbrunnen und nehmen die Jungfraujochbahn zur Station Eigergletscher. Die Bedingungen in der Mönch Nordwand sehen verdammt gut aus. Runter, rüber, rauf, nach 2h kommen wir auf der Guggihütte an. 2 Seilschaften sind schon da, die aber den Nollen machen wollen. Wir geniessen die Abendstimmung auf dieser einmalig gelegenen Hütte. Beim Blick nach Nord-Westen wähnt man sich im Flugzeug, wären da nicht die Geräusche von abbrechenden Seracs tief unten auf dem Guggigletscher. Eine wilde Umgebung. Während wir uns vollfressen, kommen noch 2 weitere Teams mit dem Ziel Lauper-Route. Naja. Auch egal. Einer hat zumindest einen Tipp, wie der Abstieg in den Gletscherkessel zu finden ist.
|
Abendstimmung an der Guggihütte |
|
Vollmond über dem Jungfraujoch |
Um 4Uhr laufen wir als erste von der Hütte los, erstmal ohne Steigeisen, was sich als falsche Entscheidung herausstellt. Die erste Querung ist leicht vereistes Geröll, so dass wir trotz der Wegspuren gewaltig rumeiern. Nach 200 Hm nimmt der Schnee zu und wir legen die Eisen für den Rest des Tages an. Auf 3100 kommen 2 kleine Plateaus bevor der Grat wieder Richtung Nollen aufsteilt. Natürlich folgen wir den falschen Spuren und sind zu hoch. Also wieder zurück bis wir ein paar Spuren finden, die Richtung Gletscherkessel steil nach unten führen. Es liegt gerade ausreichend Schnee und der Abstieg, vor dem ich viel Respekt hatte, geht erstaunlich leicht. Wir queren den Kessel und beginnen die Felsstufe, die hoch zum grossen Firnfeld und Richtung Lauperroute führt. Der Fels ist unangenehm geschichtet, teilweise leicht vereist und lässt sich nur schwer absichern. Wir beginnen am kurzen Seil, wechseln für 50m aber dann doch auf Standplatzsicherung. Dann geht es das grosse Firnfeld ca 45° und 150Hm nach oben bis an den Beginn des Bandes, das zu den Schlüsselstellen führt.
|
das Band in Richtung Schlüsselstelle. |
|
das Band in Richtung Schlüsselstelle. |
Das Band hat recht guten Trittschnee ist aber doch ziemlich exponiert. Wir gehen gemeinsam am langen Seil und ab und zu lässt sich ein Cam platzieren. Nach 100m Querung kommt die erste Schlüsselstelle, eine M4 Verschneidung, mit reichlich Schnee und Eis. Natürlich bin ich mit Vorsteigen dran, was aber ganz gut geht. Ein paar alte Haken schonen die Nerven. Oben gibt es den ersten gescheiten Rastplatz seit langem, direkt unter dem brühmten Schulterstand-Dach der Lauper-Route. Mittlerweile haben die beiden anderen Seilschaften zu uns aufgeschlossen und wir lassen eine passieren, um endlich etwas essen und trinken zu können. Der Ausblick nach Norden ist gewaltig.
|
im Ausstieg aus der M4 Crux |
|
Unter dem Schulterstand-Dach. |
Heutzutage macht kaum einer mehr einen Schulterstand - wie auch mit Steigeisen? Stattdessen hängen über das Dach ein paar Fixschlingen, in die man mit einem Frontzacken hineinsteht, sich hochzieht, und dann mit einem Foothook auf das Dach aussteigt. Noch ein paar wackelige Moves, dann kommt ein guter flacher Stand.
|
Unter dem Schulterstand-Dach. |
|
Auf dem Schulterstand-Dach. Tiefblick nach Lauterbrunnen |
Der Blick auf die verbleibenden 500m öffnet sich. Bei Ausaperung ist hier extrem heikles Gelände, 50° Platten fast ohne Sicherungsmöglichkeit. Nun liegt etwa 10cm Trittschnee auf dem Fels. Gerade genug um zügig hoch steigen zu kennen, nur sichern lässt sich halt nicht. Wir packen das Seil in den Rucksack und gehen das steile Firnfeld in Richtung Lauperrippe. Bei Firn Verhältnissen im Mai/Juni würde man nun in das Couloir rechts der Rippe wechseln und in 50° Trittschnee zum Grat sprinten. Jetzt im Oktober zeigt sich das Couloir sehr eisig und wir haben wenig Lust in unzähligen Seillängen und mit viel Geschraube und glühenden Waden da hoch zu gehen. Wir halten uns deshalb an die Rippe, welche festen und gut absicherbaren Gneis bietet, grossteils 3er Gelände.
|
guter Trittschnee auf den Gneisplatten |
Der Grat kommt immer näher und schliesslich taucht die Gneisrippe in den Firn ein. Noch einmal gilt es die Zähne zusammen zu beissen und trotz dünner werdender Luft nicht zu viele Pausen zu machen, als wir in guten Trittspuren der Himmelsleiter in Richtung Grat folgen. Der Tiefblick ist gewaltig.
|
Ausstieg von der Lauperrippe |
|
Ausstieg von der Lauperrippe |
Dann der Schritt auf den Grat und wir stehen in der Sonne. Links die 300m hohe Nordost-Wand... auch einigermassen steil aber doch ziemlich klein gegenüber der Wand, durch die wir gerade gekommen sind. Dafür hätte die Nord-Ost Wand perfektesten Presspulver und schreit fast schon nach einer Skibefahrung. Kurz überlege ich mir, ob das nicht ne Idee für den Sonntag wäre, aber ganz so billig ist das Ticket zum Jungfraujoch dann eben doch nicht.
|
Nord Ost Wand |
|
Gipfelgrat |
Dem scharfen Schneegrat nach, stehen wir nach nochmal 150Hm auf dem Gipfel des Mönchs. Für mich das zweite Mal, nach dem wir 2008 mit Javi, Salva und Salome, mit Ski vom Vorgipfel über die Ostwand abgefahren sind.
Insgesamt haben wir 7 1/2 h gebraucht, wir sind zufrieden. Ca. 30 Normalweggeher sind auch schon da, was aber noch gar nix gegenüber den Hundertschaften ist, die man unten am Jungfraujoch sieht. Uns ists egal, bei solchen Touren ist der Gipfel ohnehin nicht der Höhepunkt. Nach kurzer Rast gehts der Riesenspur nach runter Richtung Ostgrat.
|
Normalweg im Abstieg |
Ab und zu halten wir und studieren mögliche Skiabfahrten, bis wir nach einer Stunde auf die Autobahn einbiegen, die von der Mönchjochhütte zum Jungfraujoch führt. Ein kurzer Sprint bringt uns genau rechtzeitig mit 200 Chinesen auf den Zug, in dem uns zum ersten Mal an diesem Tag hinsetzen können. Perfekt. Wenn nur jeder Berg so einen komfortablen Abstieg hätte.
|
die Autobahn |
Fazit: Insgesamt eine tolle Route. Das Ambiente ist schon gewaltig wenn man von der Station Eigergletscher Richtung Hütte losläuft und steigert sich mit jedem Höhenmeter. Die vermeintlich heiklen Stellen -der Abstieg in den Kessel, und die Platten nach dem Schulterstand- waren bei diesen Bedingungen kein Problem. Am heikelsten empfand ich die Kletterei vom Kessel zum Firnfeld, wobei wir dort wohl auch einen ungünstigen Weg erwischten. Für mich war das ganze als Akklimatisierung und Testpiece für grössere Nordwandrouten gedacht. So gut wie alles geklappt hat, geht da also hoffentlich noch was dieses Jahr. Valery ist mit seiner ersten richtigen Nordwand auch ziemlich zufrieden, auch wenn er in den Mixedpassagen froh war, nicht vorsteigen zu müssen.