Montag, 21. September 2015

Poncione di Ruino, Danielli-Pohl – 6c+




Wiedermal alles richtig gemacht mit Wetter und Gebietswahl. Sprühregen und Nebel bis zum Gotthardtunnel, strahlender Sonnenschein auf der anderen Seite im Bedrettotal. Zapfig kalt aber, schon am Parkplatz. Den riesigen Weg verlieren wir schon nach 5min, und dann nochmal dauerhaft auf der Querung Richtung Poncione. Nach anderthalb Stunden sind wir trotzdem am Fuss der eindrücklichen Wand. Zum Einklettern geht’s erstmal an die üppig gebohrte Route Self-Service:

 

Self Service – 6c

 

1.SL 6b – plattige Länge mit ein paar heiklen Moves, die uns beiden aber gut geht.

 

2.SL 6b+ - pumpige Piaz-Kletterei an runden Griffen abdrängenden Strukturen. Wie immer bei solchen Längen werden die Griffe vom Lang-Rumüberlegen auch nicht weniger rund, und man muss einfach gehen. Ich versuchs mit extra langrumüberlegen und muss mich schliesslich kurz ins Seil setzen.

 

3.SL 6c – super Länge. Gerade Hoch dann eine Untergriff Querung nach rechts und über ein par Aufschwünge nach oben. Dann etwa 10m einem steilen Fingerriss folgen, der aber immer wieder kleine Taschen und Fingerlock-Positionen bietet. Sehr geil.

 

4. SL 6c – ein Pfeiler will erklommen werden, der zu Anfangs einen kleinen Dynamo mit recht sin einen Seitgriff erfordert. Wenn man den trifft, dann geht’s eigentlich easy. Wenn nicht, dann leider nicht. Danach deuten die Bohrhaken an, dass man den Pfeiler plattig und grifflos weiterverfolgen sollte. Nur einen halben Meter daneben hats aber einen super Riss, den ich dann doch bevorzuge. Über diese zügig hoch (wesentlich einfacher als 6c) und in schöner Position zum Stand. 2mal abseilen zum Wandfuss.

 

Schöne Route aber sicherlich nicht die 4* aus dem Extrem Süd. Nur die 3. SL ist richtig fett. Sonst aber von den Zügen her zwar fordernd aber weniger schön. Zudem ist die Felsoberfläche teilweise leicht splittrig und es gibt ein paar Flechten. Kein Vergleich zu den Routen im rechten Wandteil. Cams überhaupt nicht nötig, auch wenn es genügend Risse gäbe.

 

Danielli-Pohl 6c+

 

1.SL 6c+ - eine richtige Knallerlänge. 15m über Bänder und Aufschwünge schräg nach links hoch wo sich 2 Fingerrisse verzweigen. Dann geht’s los, aber wie. Erst beide Riss benutzen dann rüber in den rechten und auf einer Quarzader antreten. Hier rutscht mir doch tatsächlich der Fuss weg, schade. Nun also den rechten Riss nach oben, meist in abdrängenden Piaz Moves, immer wieder aber auch mal ein Fingerklemmer bis oben dann ein paar erlösende Handjams kommen. Super geil. So viele Bohrhaken, dass man mit Trittschlinge auch komplett A0 klettern könnte.

 

2. SL 6a+ - eine absolute Traumlänge. 30m dem durchgehenden Riss folgen. Abwechselnd Handjams und kurze Piaz Moves, die sich aber immer super auflösen. Warum muss man eigentlich immer schwere Sachen klettern? 6a+ macht doch viel mehr Spass! 2-3 Cams sollte man legen, sonst gibt’s Bohrhaken. Wäre auch ohne Probleme komplett Clean möglich, aber wir sind halt in der bolted Gotthard-Region und nicht in Chamonix. Die folgende 5a Länge, lässt sich direkt anhängen. Genialer Hangel-Quergang an einer Schuppe nach links zum bequemen Stand.

 

3. Sl 6a+. Fordernder als es der Grad erwarten lässt, aber wieder traumhaft. Eine Verschneidung hoch, dann ums Eck und in die nächste Verschneidung, die immer steiler wird. Oben ein paar athletische Moves über den abschliessenden Überhang. Die Griffe sind allesamt gut und eckig, aber recht weit auseinander. Genial.

 

4. SL 6b+. Crux ist der Aufschwung direkt über dem Stand. Zuerst den grossen Riss rechts benutzen bis man auf dem Knubbel steht und den oberen Bohrkaken klippen kann. Dann eine Traverse an zwei kleinen Griffen, die einzig schwere Stelle der Länge. Danach geht’s weiter wie zuvor. Risse und Verschneidungen mit tollen Moves. Irgendwann hören aber plötzlich die Bohrhaken auf (war das Geld aus?) und man sieht vor lauter Verschneidungen die Route nicht mehr. Ich geh also mal nach rechts, da dort noch eine andere Route hochzieht und es ausserdem einen super Handriss gibt. Nach dem Stand lehnt sich die Wand zurück und wir schenken uns die blockige 5a Länge zum Gipfel. 3 Mal abseilen über die eindrucksvolle grossteils überhängende Wand mit der 7b Route Via Lattea…. hm, nächste Jahr.

 

Insgesamt geniale Kletterei. Eigentlich 5* dafür aber vielleicht zu kurz. Und noch so viele andere Traumrisse rechts und links, die meisten wahrscheinlich viel zu schwer. So ein steiles Stück Granit findet man in der ganzen Gotthard-Region sonst nicht. Der Abstieg geht in einer Stunde, da wirs diesmal doch tatsächlich schaffen den Weg nicht zu verlieren.

 

 

 

 

Mittwoch, 16. September 2015

Zuestoll - Chico Mendez 7a


Gefühlt über hundert Mal bin ich schon mit dem Zug oder Auto am Walensee entlang gefahren und habe zu den eindrücklichen Südwänden der Churfirsten hinauf geschaut – wohlwissend dass eigentlich nur der mittlere der sieben, der Zuestoll guten Fels zum Klettern bietet. Nun war es endlich soweit, dort einmal selbst Hand anzulegen. Das Ziel: der Neoklassiker Chico Mendez, 7a.

 

Gemeinsam mit Timm geht es mit 3 verschiedenen Zügen, einem Postauto, einmal Sessellift und etwa einer Stunde Zustieg auf die Palisniederi, den Sattel zwischen Zuestoll und Brisi. Hier öffnet sich der Blick auf den 1500m tiefer gelegenen Walensee und nach links in die verdammt eindrückliche Zuestoll Südwand. Die Traverse zum Einstiegs-Balkon ist ausgesetzt aber mit Seilen versichert. 4 Seilschaften sind schon in anderen Routen zu Gange, unsere ist frei. Während über den Glarner Alpen die Föhnwalze hängt, haben wir Sonne pur und leichten Wind. Nach einer 3er Länge über den leicht grasigen Vorbau geht’s nun aber ganz gewaltig los.

 

2.SL 6b: Recht konstant im 6b Bereich steige ich den Pfeiler in Richtung erstes Dach vor. Immer wieder muss von links nach rechts gewechselt werden, um die Seitgriffen bedien zu können. Gar nicht so leicht die richtige Sequenz zu sehen. Die Hakenanstände sind OK aber doch fordernd. Ausserdem muss ich mich erst mal wieder an die Kalkkletterei gewöhnen. Crux ist ein Aufsteher, bei dem ich mich doch erst mal überwinden muss.

 

3. SL 6c: Timm steigt wie immer souverän vor, meckert allerdings etwas darüber dass es auf den ersten 10m eigentlich nur Untergriffe hat. Im Nachstieg geht’s recht gut. Zuerst diagonal nach links hoch, immer wieder mit viel Körperspannun g an guten Untergriffen auf Reibung antreten und hochlaufen. Dann eine –oh wunder- Untergriff-Traverse nach rechts über dem Überhang, wo man einigermassen stehen und schütteln kann. Crux ist wiedermal ein plattiger Aufschwung bevor es leichter wird. Kurz vor dem Stand noch einmal ein boulderiger Move in einer kleinen Verschneidung.

 

4. SL 6a: Ein steiler Aufschwung wird an erstaunlich grossen Griffen überwunden. Geht alles, aber irgendwie strengt es mich doch recht an heute, und ich bin immer wieder einigermassen gepumpt. Der Flow will nicht so richtig aufkommen. Kurz vor dem Stand muss ich gar 3 mal wider abklettern und schütteln bevor ich mir den Move an zwei eher schlechten Seitgriffen zutraue. Hm.

 

5. SL 6a: Fulminanter, männlicher Start an einem Überhang mit immerhin recht guten Griffen. Nach nicht mal 20m ist die SL dann aber auch schon fertig, damit der Standplatz noch auf dem Grasband ist.

 

6. SL 6b: Das nun folgende Gemäuer sieht beindruckend steil und kompakt aus. Aber irgendwie schiebe ich mich Stück für Stück nach oben. Immer wieder eine kleine Leiste hier, eine runde Delle zum Stehen dort. Nach etwa 15m kommt die Crux. Ich zögere so lange bis mir schliesslich der rechte Fuss wegrutscht und ich 2m tiefer im Seil hänge verdammt, das war unnötig. Wieder hoch jetzt aber. Hochantreten, irgendwie aufstehen, und sich nach links auf ein paar guten Tritten etablieren. Jetzt ein Bohrhaken wär cool, der kommt aber leider erst 1m weiter oben. Kurzer Anflug von Panik, muss irgendwie gehen. Tatsächlich ist es aber nur noch ein Move bis zum Riesenhenkel neben dem Bolt. Entwarnung. Anhaltend geht es weiter. Eigentlich super Kletterei, aber irgendwie erholen sich meine Unterarme nicht mehr so richtig. Einmal muss ich zum Klippen doch so gar in die Schlinge greifen, weil meine linke Hand den grossen Griff einfach nicht mehr halten will. Timm fands dann natürlich nicht so schwer. Danke.

 

7. SL 7a. Erst eine steile Schuppe gefolgt von einer spektakulären Traverse nach rechts. Dann verschwindet Timm ums Eck und das Seil bewegt sich erst mal ziemlich lang gar nicht mehr. Irgendwann vernehme ich ein gedämpftes 'Aufpassen' , dann wieder lange nix. Nach für einer für Timm'sche Verhältnisse halben Ewigkeit, scheint er aber drüber zu sein und ist nach ein paar Metern am Stand. Warum er solange gebraucht hat, merke ich dann aber, als ich im Nachstieg selbst an der Stelle stehe. Rechts draussen noch ein schöner Seitgriff, zum Ausruhen, den man aber auch gar nicht mehr loslassen möchte, da auf den nächsten 2m wirklich gar nix gescheites kommt. 'Nimm den Sloper links' ruft er mir von oben zu. Welchen Sloper bitte? Mit den Füssen kann man einigermassen antreten, sich dabei aber auch wirklich an gar nichts halten. Mit ein bisschen Seilzug gegen's Nach-Hinten-Kippen geht’s es irgendwie. Im Vorstieg frei – keine Chance.

 

8. SL 6a. Ich bin wieder dran. Ein 20m cleane Rissverschneidung. Sieht steil aus, mit Spreizen, Handklemmern und ein paar Piazmoves geht’s aber easy und lässt sich auch super mit Cams absichern. Zum Zeitsparen hänge ich die letzte leicht brüchige SL gleich noch dran, in der man wirklich verdammt aufpassen muss, seinem Partner nix auf den Kopf zu schmeissen. Dann Stand am Gipfelkreuz, welches extrem wackelt, und eigentlich nur in einem Schutthaufen steckt. Viele Alternativen gibt’s aber nicht. Ich bitte also die zwei anderen Kletterer ihre Gipfelrast zu unterbrechen und sich von der anderen Seite ans Kreuz zu hängen. Ich halte Timm, das Gipfelkreuz mich, und die zwei das Kreuz. Sollte gehen. Die Sturzwahrscheinlichkeit in diesem Grad hält sich allerdings in Grenzen.

 

Um 16.10 ist Timm dann oben zum Handshake. Fast im Zeitplan. Leider fährt der letzte Sessellift um 17 Uhr und uns trennen noch 850Hm von der Station. Wir machen uns also zügigst an den Abstieg und gehen trotz Kniebeschwerden irgendwann zu Joggen über. Trotzdem sind wir am Schluss 7 Minuten zu spät, was uns der Liftmann schon von weitem durch Schwenken der arme bedeutet. Dass der Lift pünktlich schliesst und wir zu spät sind, gehört aber ebenso zu den Schweizer Alpen, wie die Ausnahme, die er uns nach viel Betteln  einräumt und uns doch noch ins Tal kutschiert.

 

Insgesamt eine super Klettertour. Hart bewertet. Im Vergleich zu anderen Gebieten könnte man auch überall ein + dazu geben. Super Fels, spektakuläre Exposition hoch über dem Walensee und der richtige Ort bei Südföhn. Ausserdem die nichtganz neue Erkenntnis, dass man wesentlich besser klettert wenn man jede Woche 3 Mal klettern geht (Timm) als wenn man sich abwechselnd in Firnwänden, Bikeparks oder auf Hochzeiten rumtreibt (ich).