Dienstag, 24. Mai 2016

Breithorn Triftjigrat

Pfingstmontag nach einer längeren Schlechtwetterperiode, nur ein Tag Zeit. Zum Glück sind in Zermatt die Bahnen noch geöffnet und bei dem vielen Schnee in April und Mai rechne ich mir Chancen aus, dass der Ttriftjigrat des Breithorns mal ausnahmsweise kein Blankeis aufweisen sollte. Nach 3 Stunden Zug, 1h Gondel und gefühlt 2000 Indern stehe ich also mit Valery auf dem Klein Matterhorn und schaue etwas skeptisch auf die Windfahnen an den Gipfeln. Auf dem Breithornplateau pfeifts dann auch gehörig, immerhin schwitzt man da schon nicht während man in ausgetretener Spur den Normalweg aufs Breithorn hochschnauft.
Oben windets dann sogar gar nicht mehr so extrem und wir bereiten uns auf die Abfahrt vor. Wie immer bei Onsight Steep Skiing ist die Anspannung ein klein bisschen höher als normal. Man kann ja auch immer wieder hoch klettern wenns nicht geht, rede ich mir ein. Los gehts. Valery traversiert den Grat entlang Richtung Mittelgipfel. Ich rufe ihm hinterher dass er endlich in die Wand abbiegen soll, da es rechts immer eisiger wird. Als er es schliesslich tut, steht er nur 2m nach dem Grat in üblem Hartschnee, und bekommt einen leichten Panikanflug. 45 Grad und Hartschnee ist wenig lustig, auch wenn wir wegn des Plateaus des Hängegletschers noch vor der ganz grossen Exposition geschützt sind. Mit Pickelstock und Eisgerät versucht er sich zu stabilisieren.

 
 

 
 
 
 
 




















Von meinem höheren Standpunkt am Grat aus sieht der Schnee im linken Teil eigentlich recht fahrbar aus. Ich droppe in die Wand und traversieren erstmal ein Stück nach links. Eigentlich gehts gut. Ein paar vorsichtige Sprungturns um mich wieder an die grossen Ski zu gewöhnen, dann stimmt das Gefühl langsam. Ich schaue rüber zu Valery, der sich in den letzten 5 Minuten aber nicht wirklich von der Stelle bewegt hat, und immer noch 2m unter dem Grat steht. Der starke Wind macht die Kommunikation etwas schwer, aber schliesslich verstehe ich dann doch, dass er sich anscheinend seinen Carbonstock abgebrochen hat und deshalb unmöglich weiter fahren kann. Enttäuschung macht sich breit. So ein Aufwand um jetzt umzukehren? Wenigstens die Engstelle nach dem Hängegletscher will ich mir noch anschauen, rufe ich ihm zu und fahre die verbleibenden 50m ab. Mit ein paar weiteren vorsichtigen Turns nähere ich mich der Abbruchkante. Jetzt öffnet sich der Blick nach links auf die Engstelle. Blankeis! Wie befürchtet. Aber eigentlich auch nur 15m und danach siehts pulvrig aus. Ausserdem lassen sich weiter unten auf dem Grat zwei Skispuren erkennen, wohl vom Vortag. Es muss also gehen. Ich überlege. Eigentlich hab ich überhaupt keine Lust nur wegen Valerys skistock wieder hoch zu gehen, und über die stinklangweilige Normalroute zurück zu den Liften zu fahren. Andererseits: ist es vertretbar eine solche Route alleine zu fahren? Andere Alleingänger machen das doch dauernd? Ist man beim Steep Skiing nicht eh auf sich allein gestellt? Außerdem ist die Gondel ja sozusagen in Sichtweite. Ich schaue auf mein Telefon. Voller Empfang. Go. Ich schreibe Valery eine SMS dass ich die Route abfahre und mich in einer Stunde bei ihm melde.
Rechts der 5m breiten Engstelle hängt eine Schlinge in den Felsen, an der man perfekt über die weiteren 20m Blankeis abseilen könnte. Ich bin so fixiert darauf, dass mir überhaupt nicht in den Sinn kommt, dass ich auch an Ort und Stelle eine Eissanduhr zum abseilen fädeln könnte. Ski auf den Rucksack. In weiser Voraussicht habe ich die spitzen Monozacken dabei und die Eisgeräte extra nachgeschliffen. Dass müsste doch easy gehen. Obwohl es nur 5m sind, und nur 45 Grad, wirds eine wacklige Aktion. Das Eis ist etwas spröde und free solo hoch in der Wand umklammert man die Eisgeräte etwas übertrieben fest. Nach ein paar Minuten kann ich mich dann aber in die Schlinge klippen. Es dauert bis ich endlich das Seil ganz unten aus dem Rucksack herausgefummelt hab ohne alles andere Zeug runterzuschmeissen. Der Materialverlust hält sich mit einer Schraube sozusagen noch in Grenzen.Nach 20m Abseilen -zum Glück hab ich ein 60er dabei- wirds dann wieder pulvrig.


Ich traversiere noch 30m weiter nach rechts bis ich schliesslich im grossen Couloir bin. Plattform graben, Ski Anziehen, los gehts. Die 200HM sind traumhaft. 50Grad, und stabiler Pulver. Die 2 Spuren vor Vortag stören nicht. Langsam traue ich mich auch etwas Gas zu geben. Hab ja nicht umsonst die großen Ski dabei. Dann der Drop über den Bergschrund nach dem es ich mich gleich mal fast komplett verbrezelt, als der Schnee unversehens für ein paar Meter auf Bruchharsch wechselt.

Dann kommmt das grosse Plateau und der eigentliche Triftjigrat, der mehr ein breiter Gletscherrücken ist. Im Vorfeld hatte ich grossen Respekt vor Wegfindung und Spalten in diesem Abschnitt gehabt. Bei dieser Schneelage und zwei Spuren wirds aber Cruisen in einmaliger Position. Immer wieder bleibe ich stehen und mache Fotos. Viel zu schnell kommt der letzte Abbruch, bei dem über eine schmale Rampe der große Schlusshang erricht wird. Mit 40Grad und über 300 HM eigentlich eine repektable Wand für sich. Noch ein paar vorsichtige steinige Meter dann kann ichs endlich krachen lassen. Der kompakte Pulver geht schnell in perfekten Sulz über. Bis ich auf 2700 auf dem Theodulgletscher abschwinge. Oh ja.
Was bleibt sind 250Hm Gegenanstieg bis Trockener Steg, 1200Hm Sulzcruisen und 10min Laufen bis Furi, 2000 weitere Inder in der Gondel und 3h Zug nach Zürich. Ein ausgefüllter aber sehr erfolgreicher Tag.

Dienstag, 17. Mai 2016

Aiguille de l'Amone NE Wand



Mit dem 4-tägigen Auffahrtswochenende kommt zum ersten Mal seit langem ein stabiles Hoch. Eigentlich sollte man also lange grosse Touren machen. Dummerweise denkt wohl so ziemlich jeder Aktive der Trendportart Skitourengehen das gleiche und die Hütten sind voll bis unter die Decke. Keine Lust mehr auf sowas. Lieber ein 2000er vom Tal aus. So finde ich mich also mal wieder abends bei Javi in Vollèges in ein, um endlich endlich einen Versuch an der NO-Wand der Aiguille de l’Amone zu machen.
Aufstehen um 3, Frühstück im Auto und um viertel vor vier laufen wir in la Fouly auf 1500 im Val Ferret los. Mit dabei sind noch zwei Skilehrerkollegen von Javi, der Spanier Alex und Will aus England. Nach nur 2 Minuten tragen, schnallen wir die ski an und laufen in stockdunkler Neumondnacht hinein in den grossen l’A Neuve Kessel. Der Schnee ist hart gefroren und die Steigung ist gerade so, dass man keine Serpentinen laufen muss. Entsprechend schnell kommen wir vorwärts und stehen als es langsam hell wird, schon auf 2400 am Anfang des Gletschers.
Endlich kommt auch unsere Route in den Blick, die sich wie eine riesige diagonale weisse Rampe durch die ansonsten felsige Riesenmauer zwischen Mont Dolent und Tour Noir zieht. In der Draufsicht zum Beispiel von der l’A Neuve Hütte gegenüber sieht die Route zum Fürchten aus, so exponiert ist sie. 300m hohe senkrecht wirkende Felsen schliessen die Rampe nach unten ab. Stürzen verboten.


Wie immer ist alles aber halb so wild, wenn man erst mal drunter steht. Ein erster kleiner Steilhang bringt uns an den Bergschrund, den wir noch mit Skiern überschreiten. Dann heisst es Ski aufbinden, Steigeisen an und los, in Falllinie nach oben. Auf den 40cm Neuschnee von letzter Woche hat sich durch den Nordwind leider ein kleiner Deckel gebildet, was das Spuren um so anstrengender macht. Immerhin sind wir zu viert und wechseln uns alle paar Minuten ab, so dass wir überraschend schnell vorwärts kommen. Nach etwa 100m steilt die Wand von 45 auf über 50Grad auf, zum Glück in etwas kompakterem Schnee. Dann folgt eine Linkstraverse in die exponierte aber nur knapp über 45 Grad steile Gipfelwand. Man ist sich der Felsabbrüche darunter bewusst, und es kommt ein gewisses Gefühl der Exposition auf… Wegen der moderaten Steilheit und dem weichen Schnee lasse ich die Pickel aber mal wieder ungenutzt am Rucksack und gehe mit Stock und Pickelstock. Immerwieder kommen Böen die Wand herunter und der Spindrift dringt in jede Öffnung der Kleidung. Immerhin sind die Temperaturen auf diese Weise angenehmer als sonst in besonnten Ostwänden.


Nach nur einundhalb Stunden intensiven Spurens kommt der Grat schon näher und kurz darauf stehen wir auf einer kleinen Platform auf dem Grat. Skidepot. Zum Gipfel führen 5 Meter etwas delikate Mixed Kletterei, dann stehen wir ganz oben. Auf der anderen Seite geht es fast senkrecht hinunter auf den Argentiere Gletscher, und gegenüber leuchten Courtes, Droites und Verte alle auch wunderschön weiss. Was für eine Position.



Wir klettern wieder ab und klicken in die Bindungen. Die ersten 20m rutschen wir noch auf dem Grat entlang, dann stürzen wir uns in die Wand. Der Schnee ist zwar nicht gerade champagne powder aber doch pulvrig genug dass man Gas geben kann. Zwei Minuten später liegt die exponierte obere Wandhälfte auch schon hinter uns und wir traversieren nach links. Der nominal steilste Teil kommt nun, etwa 50 Grad und auch nur 4m breit. Dann öffnet sich der Hang aber wieder und wird richtig pulvrig. Sehr geil. Der obligatorische Sprung über den Bergschrund, bremsen, Kamera raus. Die anderen rasen unter lauten Freudenschreien hinterher. Wir traversieren in die Ostseitigen Gletscherhänge wo uns schon bester Sulz empfängt. Die verbleibenden 1500Hm vernichten wir in knapp 15 Minuten und schnallen um kurz nach 10 fast direkt neben dem Auto ab. Was für ein perfekter Tag!!