Mit dem 4-tägigen Auffahrtswochenende kommt zum ersten Mal seit langem ein stabiles Hoch. Eigentlich sollte man also lange grosse Touren machen. Dummerweise denkt wohl so ziemlich jeder Aktive der Trendportart Skitourengehen das gleiche und die Hütten sind voll bis unter die Decke. Keine Lust mehr auf sowas. Lieber ein 2000er vom Tal aus. So finde ich mich also mal wieder abends bei Javi in Vollèges in ein, um endlich endlich einen Versuch an der NO-Wand der Aiguille de l’Amone zu machen.
Aufstehen um 3, Frühstück im Auto und um viertel vor vier laufen wir in la Fouly auf 1500 im Val Ferret los. Mit dabei sind noch zwei Skilehrerkollegen von Javi, der Spanier Alex und Will aus England. Nach nur 2 Minuten tragen, schnallen wir die ski an und laufen in stockdunkler Neumondnacht hinein in den grossen l’A Neuve Kessel. Der Schnee ist hart gefroren und die Steigung ist gerade so, dass man keine Serpentinen laufen muss. Entsprechend schnell kommen wir vorwärts und stehen als es langsam hell wird, schon auf 2400 am Anfang des Gletschers.
Endlich kommt auch unsere Route in den Blick, die sich wie eine riesige diagonale weisse Rampe durch die ansonsten felsige Riesenmauer zwischen Mont Dolent und Tour Noir zieht. In der Draufsicht zum Beispiel von der l’A Neuve Hütte gegenüber sieht die Route zum Fürchten aus, so exponiert ist sie. 300m hohe senkrecht wirkende Felsen schliessen die Rampe nach unten ab. Stürzen verboten.
Wie immer ist alles aber halb so wild, wenn man erst mal drunter steht. Ein erster kleiner Steilhang bringt uns an den Bergschrund, den wir noch mit Skiern überschreiten. Dann heisst es Ski aufbinden, Steigeisen an und los, in Falllinie nach oben. Auf den 40cm Neuschnee von letzter Woche hat sich durch den Nordwind leider ein kleiner Deckel gebildet, was das Spuren um so anstrengender macht. Immerhin sind wir zu viert und wechseln uns alle paar Minuten ab, so dass wir überraschend schnell vorwärts kommen. Nach etwa 100m steilt die Wand von 45 auf über 50Grad auf, zum Glück in etwas kompakterem Schnee. Dann folgt eine Linkstraverse in die exponierte aber nur knapp über 45 Grad steile Gipfelwand. Man ist sich der Felsabbrüche darunter bewusst, und es kommt ein gewisses Gefühl der Exposition auf… Wegen der moderaten Steilheit und dem weichen Schnee lasse ich die Pickel aber mal wieder ungenutzt am Rucksack und gehe mit Stock und Pickelstock. Immerwieder kommen Böen die Wand herunter und der Spindrift dringt in jede Öffnung der Kleidung. Immerhin sind die Temperaturen auf diese Weise angenehmer als sonst in besonnten Ostwänden.
Nach nur einundhalb Stunden intensiven Spurens kommt der Grat schon näher und kurz darauf stehen wir auf einer kleinen Platform auf dem Grat. Skidepot. Zum Gipfel führen 5 Meter etwas delikate Mixed Kletterei, dann stehen wir ganz oben. Auf der anderen Seite geht es fast senkrecht hinunter auf den Argentiere Gletscher, und gegenüber leuchten Courtes, Droites und Verte alle auch wunderschön weiss. Was für eine Position.
Wir klettern wieder ab und klicken in die Bindungen. Die ersten 20m rutschen wir noch auf dem Grat entlang, dann stürzen wir uns in die Wand. Der Schnee ist zwar nicht gerade champagne powder aber doch pulvrig genug dass man Gas geben kann. Zwei Minuten später liegt die exponierte obere Wandhälfte auch schon hinter uns und wir traversieren nach links. Der nominal steilste Teil kommt nun, etwa 50 Grad und auch nur 4m breit. Dann öffnet sich der Hang aber wieder und wird richtig pulvrig. Sehr geil. Der obligatorische Sprung über den Bergschrund, bremsen, Kamera raus. Die anderen rasen unter lauten Freudenschreien hinterher. Wir traversieren in die Ostseitigen Gletscherhänge wo uns schon bester Sulz empfängt. Die verbleibenden 1500Hm vernichten wir in knapp 15 Minuten und schnallen um kurz nach 10 fast direkt neben dem Auto ab. Was für ein perfekter Tag!!
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