Ende Oktober, das Wetter ist immer noch top, und wir entscheiden uns für eine der steilen Granitrouten in der sonnigen Südwand des Chli Bielenhorns. 7 SL nur, das geht also auch in der bewährten langsamen Dreierseilschaft mit wenig Effizienz dafür umso mehr Dummschwätzen am Stand.
Timm und Andreas kommen nach ihrem verlängertem Elbsandstein-Wochenende mit gestählten Nerven, ich
nach 4 Wochen ohne klettern und viel Arbeiten mit umso grösseren Ambitionen. Als dann am Einstieg auch noch die Sonne durch die Wolken blitzt, beende ich die lange wer-steigt-was-vor-Diskussion recht egoistisch und hänge mir das Geraffel an den Gurt.
1.SL 6c - gleich mal ein deftiger Kaltstart. Mit einem Untergriffloch quert man vom Schriftzug 2m nach rechts in einen Riss, in dem man hochsteht und die fette Schuppe packt. Diese hochpiazzen bis sich der Riss teilt. Links oben bietet sich ein Fingerriss als Fingerlock oder Seitgriff an, ich kann mich nicht recht entscheiden ob mit rechts oder links, die Unterarme übersäuern immer mehr und ich hänge nach 5 Klettermetern im Seil. Na supi. Andreas' Kommentar dass es sich ohne Onsight Ambitionen ja viel unbeschwerter Klettern liesse, baut mich nur bedingt wieder auf. Anyway. Seitgriff also mit links gepackt, hoch gedrückt, und die Sloperkante nach rechts gequert bis zum nächsten Riss. Diesen hoch, erst kleingriffig oben dann als deluxe Handriss bis zum Stand. (eher 6c+)
2.SL 7a - die Crux für kleine Kletterer kommt gleich nach 3 leichten Metern, ein Spannweiten-Problem um von einem kleinen Seitgriff über die Platte nach links zum Riss zu kommen. 1.80 Ar-Spannweite reichen mir gerade so, leider komme ich mit meiner bescheidenen Spreiz-Beweglichkeit nicht ganz so weit mit den Füssen und stelle mich irgendwo zwischendrin auf eine Reibungsflechte. Abflug. Gott sei dank hatte ich mir den onsight ja eh schon vorher versaut. Nächster Versuch also mit Trittwechsel vor der Flechte geht dann doch viel zu einfach, danach dann gutgriffig den steilen Riss hoch. Die wirkliche Crux kommt dann ganz oben wo man einen Finger-Piaz-Riss an eine runde Kante verlässt und diese hoch zum Stand einfach durchhalten muss. (eher 6c für normal grosse Menschen)
3. SL 6b - man befindet sich nun auf dem Rücken eines riesigen angelehnten Hinkelsteins. zuerst links hoch dann nach rechts queren und in den Rissen an der Rückseite athletisch nach oben bis man zu einem Zwischenstand auf eine eingeklemmten Brücke kommt. 15m weiter oben ist der richtige aber verdammt ungemütliche Stand. Andreas steigt souverän vor. Damit Timm was zu lachen hat, leiste ich mir auch hier noch einen Abflug an einer easy-Stelle. Irgendwas stimmt heute nicht mit der Konzentration.
4. SL 6c+ - An den scharfen unterschiedlich breiten Rissen zwischen Hinkelstein und Hauptwand geht es nun 30m nach oben, alle Techniken nutzend. Super geil. Wenn die Reise auslaufen, wechselt man nach links um die Kante auf eine abschliessende 15 Reibungsplatte, auf der noch ein paar delikate no-hand Aufsteher warten bis zum Stand. Oh Wunder - sogar für mich eine sturzfreie Länge.
SL 5 - 7 sind 6a Längen, ganz schön zu klettern, teilweise mit etwas gesuchten aber doch spassigen Kletterstellen bis zum Vorgipfel. 4mal Abseilen direkt zu den Schuhen
Fazit: schöne Route, wenn auch vielleicht nicht wirklich 5 Sterne. Von weitem macht die LInie über den grossen Strebepfeiler Sinn, in der Route selbst, hat man öfters zu viele Optionen, so dass es etwas gesucht erscheint. Highlight sind die dritte und vierte SL in den Rissen des Obelisken. Die Schwierigkeitsangaben der einzelnen SL variieren von Topo zu Topo doch erheblich. Unsere Bewertung wäre in etwa: 6c+, 6c, 6b, 6c+, 5c, 6a, 6a