Freitag, 18. März 2016

Fletschhorn Ostwand again

Als ich im April 2014 mit Javi zum ersten Mal in der Fletschhorn Ostwand unterwegs gewesen war, waren wir uns einig, die 'Richie Line' unbedingt nochmal zu fahren. Dann aber früher im Jahr und bei Pulver. Von Simplon Dorf aus lassen sich die 2500 Hm Aufstieg bei Pulver aber realistisch kaum bewältigen. Damit man also eine Chance hat, überhaupt auf den Gipfel zu kommen, muss man von der anderen Seite ran. Zufälligerweise gibts da auch noch eine Gondel bis 3000, so dass ein Eintäger von Zürich drin liegen würde. Der Plan bestand also, und wartete nur noch auf den richtigen Tag.

Die seltene Südostlage hatte der gesamten Nordschweiz einen Winddeckel, der Simplonregion aber 30cm Neuschnee ohne Windeinfluss beschert. Trotz Stufe 3, rechne ich mir also gute Chancen auf sichere aber pulvrige Bedingungen in der Ostwand aus. Mit Valery und Thomas geht es also eines schönen Märzfreitags über Visp, nach Saas Grund und für lumpige 37CHF mit der Gondel nach Hohsaas. Viertel vor 10 laufen wir auf 2800 Richtung Fletschhorn los.

Im Saastal liegt bis 3000m verdammt wenig Schnee, dafür glänzen die Viertausender der Mischabel so weiss wie sonst erst im Mai. Selbst die Nordwände von Lenzspitze und Hohbärghorn sehen fast schon fahrbar aus. Uns ist's recht. Zügig gehts über hart verblasenen Schnee aufwärts. Wir nehmen nicht die Normalroute über den spaltenreichen Grüebugletscher sondern entscheiden uns für einen 300Hm Bootpack an der linken Seite des Gletscherbruchs des Feltschhorngletscher um auf dessen flaches Plateau zu gelangen. So würden wir uns die Traverse des Hauptgipfels sparen und direkt zur Einfahrt am Ostgipfel gelangen. Ausser ein paar Metern mühsamen Bruchharsch geht der Plan voll auf und bietet eine spektakuläre aber effiziente Route.


Am Fletschjoch öffnet sich zum ersten Mal der Blick nach Italien und auf den Lago Maggiore. Immer wieder beeindruckend. Es ist warm und fast windstil. Um 1 sind wir am Skidepot, und nehmen noch schnell Hauptgipfel mit... erster Eintrag im Gipfelbuch 2016.


Wir klicken in die Bindungen und traversieren zum Ostgipfel, wo wir zum ersten Mal einen Blick in die Ostwand erhaschen. Das erste Stück auf dem Hängegletscher des Breitloibgrates ist recht hart und in alle Richtungen verdammt exponiert. Wir entscheiden uns für Abklettern. Nach 50m geht der Hartschnee plötzlich in 30cm lockeren Pulver... oha ... ist das ein gutes Zeichen?



Der Einstieg zum Couloir ist genauso steil wie vor 2 Jahren. 800Hm bricht die Wand ab hinunter zum Bodmergletscher. 2400Hm tiefer sieht man die Simplonstrasse. Da ich eh schon die Steigeisen an hab, kletter ich noch 5m hinunter, um den Schnee dort prüfen zu können. 30cm ungebundener Pulver, darunter eine harte stabile Schicht. Wir beraten uns, und geben ein Go. Ski anziehen bei 50° und Pulver ist wie immer ein Riesenschei..  und braucht viel Sorgfalt. Schliesslich bin ich aber ready to go. Der Schnee ist so gut wie er aussieht. Immer wieder aber auch mal ein Steinkontakt. Obwohl ich die breiten Annex 108 anhabe, traue ich mich nicht richtig Gas zu geben.


Ich erinnere mich, dass man nach 300Hm nach links in eine anderes Couloir wechseln muss. Während sich die anderen also immer noch mit Skianziehen abmühen, checke ich schon mal die Traverse aus, welche leider recht schneefrei aussieht. Wo wir 2014 noch easy rüber gefahren sind, gibts es nun gefrorenen kleinkörnigen Schotter, bei 45° Neigung. Ich versuche es zu Fuss aber ohne Steigeisen und eier gewaltig rum. Recht heikel das ganze. Die letzten 2m wollen überhaupt nicht gehen und ich mache schliesslich einen Drytool-Ausstieg über einen grossen Block nach oben. Die anderen versuchen es mit Steigeisen, Valery genau wie ich, Thomas wesentlich leichter etwas tiefer. Irgendwann sind wir alle drüben und es kann weiter gehen.


Im Rekordsüdwinter 2014 hatte es 2 Engstellen gegeben, die uns im Aufstieg Sorgen gemacht, sich in der Abfahrt aber als fahrbar herausgestellt hatten. Heute sieht es anders heraus. Pulver auf Schotter. Also wieder abschnallen, kurz abklettern, wieder anschnallen. Bei der zweiten Engstelle gibt es Blankeis, und wir seilen 20m ab. Direkt drunter nochmal 3m Blankeis, aber weit und breit kein vernünftiger Abseilfixpunkt. Ich habe die breitesten Ski dabei und traue mir eigentlich die Straightline zu. Kurz konzentrieren, Ski gerade stellen und los. Im 45 Grad Gelände bei eis oder Hartschnee beschleunigt man so schnell wie im freien Fall. Ich habe also schon verdammt viel Speed drauf, als ich nach 10m endlich die Kurve ansetzten kann, und muss schon stark drücken um langsamer zu werden. Die anderen schauen weniger motiviert drein und klettern mit Steigeisen und Pickel ab.



Ein paar grosse Turns und es kommt die kurze Traverse ins Exitcouloir. Mittlerweile ist der Pulver 40-50cm tief. Aus Rücksicht auf die neuen Ski schnalle ich nochmal für 10m ab, bevor sich endlich das Couloirs verbreitert. Noch bleiben uns mehr als 300Hm bis zum Fuss dieser Riesenwand. Der Schnee könnte nicht besser sein, und endlich kann man es auch mal laufen lassen. Der Stoke stellt sich ein als wir schliesslich auf dem flachen Bodmergletscher ankommen. Fett.

Mitterweile ist es halb 5. Das wiederholte an- und abschnallen hat viel Zeit gekostet. Ich weiss aber auch, dass wir bei gutem Schnee die weiteren 1500Hm in 15min fahren können. Un der Schnee ist gut. 30cm Pulver. Kein Windeinfluss. Erst die cruisigen Gletscher- und Moränenhängen, das kurze Steilstück unter dem Bodmerhorn, und dann perfkter lichter Lärchenwald bis hinunter nach Simplondorf. Ultrageil.

Bier und Rösti tröstet uns darüber hinweg, dass wir 1h aufs Postauto warten müssen. Mehrere Bewohner von Simplon-Dorf fragen uns wo wir herkommen würden und schauen ungläubig, als wir Fletschhorn-Ostwand antworten. Warum ich denn so breite Ski habe? Ob das eine Spezialkonstruktion sei? So was bin ich in Engelberg noch nie gefragt worden...

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